Anthropomorphismus

Anthropomorphismus
An|thro|po|mor|phịs|mus 〈m.; -, -phịs|men〉 Übertragung menschl. Eigenschaften u. Verhaltensweisen auf Nichtmenschliches, Vermenschlichung [→ anthropomorph]
Die Buchstabenfolge an|thr... kann in Fremdwörtern auch anth|r... getrennt werden.

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An|th|ro|po|mor|phịs|mus, der; -, …men (bildungsspr.):
1. <o. Pl.> Übertragung menschlicher Eigenschaften auf Nichtmenschliches, bes. in der Vorstellung, die man sich von Gott macht.
2. menschliche Eigenschaft an nicht menschlichen Wesen.

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I
Anthropomorphịsmus
 
[zu griechisch morphe̅́ »Gestalt«] der, -, eine Anschauungsweise, die menschlichen Eigenschaften oder menschliches Verhalten Außermenschlichem zuschreibt (»vermenschlicht«); dabei kann es sich um Naturphänomene verschiedenster Art, um Tiere, Gestirne usw., andererseits v. a. um Gottesvorstellungen handeln. Der Anthropomorphismus ist besonders charakteristisch für das vorwiegend naiv-anschauliche Erleben und das geringe Abstraktionsvermögen von Kindern und Menschen bei so genannten Naturvölkern; in der Literatur wird er oft bewusst verwendet.
 
 
Als Sonderfall soziomorpher und biomorpher Modellvorstellungen werden Götter in der Gestalt von Menschen und wie Menschen reagierend und handelnd gedacht. Eine Personalisierung geschieht notwendig in den Formen einer anthropomorphen Darstellung und ist Basis der Kommunikationsmöglichkeiten mit den Göttern. - Im Rahmen philosophischer und theologischer Reflexionen sind anthropomorphe Gottesvorstellungen früh kritisiert worden: Götter sich nach menschlichem Muster verhalten zu lassen sei mit dem Postulat des »Gottgeziemenden« nicht vereinbar (Xenophanes). Neben der grundsätzlichen Kritik stehen theologische Entwürfe, die die menschlichen Erscheinungsform als nur eine Form göttlicher Erscheinung (»Epiphanie«) fassen. Der Wechsel zwischen anthropomorpher und theriomorpher Gestalt oder die Darstellung in einer Mischgestalt (ägyptische Kultur, Religion) relativiert dann eine mögliche Kritik an der anthropomorphen Gestalt und lässt das Wesen der Gottheit von den Formen ihrer Epiphanie unabhängig werden. - Daneben findet sich aber auch eine grundsätzliche Verteidigung der anthropomorphen Göttergestalt: Der Mensch, besonders der König, sei das »Bild Gottes«, oder Gott habe den Menschen »nach seinem Bilde geschaffen«. In dieser Umkehrung des Begründungsverhältnisses erscheint der Gott nun nicht mehr anthropomorph, sondern der Mensch theomorph.
 
 
J. Geffcken: Der Bilderstreit des heidn. Altertums, in: Archiv für Religionswiss., Jg. 19 (1916-19); C. Koch: Religio (1960);
 O. Loretz: Die Gottesebenbildlichkeit des Menschen (1967; mit einem Beitr. v. E. Hornung);
 O. Dreyer: Unters. zum Begriff des Gottgeziemenden in der Antike (1970);
 E. Topitsch: Vom Ursprung u. Ende der Metaphysik (1972);
 E. Topitsch: Gottwerdung u. Revolution (1973);
 G. Dux: Die Logik der Weltbilder (1982);
 K. Heinrich: Dahlemer Vorll., Bd. 2: Anthropomorphe. Zum Problem des Anthropomorphismus in der Religionsphilosophie (Basel 1986).
II
Anthropomorphismus,
 
Übertragung menschlicher Eigenschaften auf Nichtmenschliches, besonders in der Vorstellung, die man sich von Gott macht.
III
Anthropomorphismus,
 
Das »Unterlegen« tierischen Verhaltens mit typisch menschlichen Deutungen, wodurch das Tier z. B. als eine Art primitiver Mensch gesehen wird. Ein vermeintlich »lachender« Schimpanse zeigt seine Zähne jedoch als Drohgebärde und nicht als Ausdruck der Freude.

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An|thro|po|mor|phịs|mus, der; -, ...men: 1. <o. Pl.> Übertragung menschlicher Eigenschaften auf Nichtmenschliches, bes. in der Vorstellung, die man sich von Gott macht. 2. menschliche Eigenschaft an nichtmenschlichen Wesen.

Universal-Lexikon. 2012.

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